Februar/2025

Viele Hunde sind gut trainiert, aber schlecht erzogen...

Schaut man sich alltags um, sieht man häufig vor allem zwei Typen von Hunden: Erstens diejenigen, die vollkommen antiautoritär geführt werden und Herrchen oder Frauchen die Richtung vorgeben. Zweitens diejenigen, die mit Konditionierung im Alltag gemanagt werden. Gerne blickt man als Hundehalter oder einfach Fußgänger mal rüber, wenn der Hund prima an der Straße Sitz macht, auf Kommando Pfötchen gibt oder zig Mal das Spielzeug auf Zuruf zurückbringt. „Toll“, denkt man sich vielleicht auf den ersten Blick. „Super toll“, kriegt auch der Hund gesagt, dazu gibt es ein Leckerchen.

Wenn wir in diesem Zusammenhang von Training sprechen, dann meinen wir grundsätzlich Konditionierung (also, keinen professionellen Hundesport, keine Diensthunde, keine klassischen Arbeitshunde - das ist ein eigenes Thema!). Der Hund zeigt ein auftrainiertes Verhalten, für das er eine Belohnung erhält.

Das Prinzip erscheint grundsätzlich logisch: „Du arbeitest, dafür bekommst du etwas Feines“.

Das klappt gut, weil sich viele Hunde über Futter oder ihr Lieblingsspielzeug motivieren lassen. Was passiert jedoch, wenn der Außenreiz größer ist als das beste Schmackie, das interessanteste Spielzeug? Dann zeigt sich oft, dass es mit dem andressierten Verhalten nicht weit her ist. Dann entscheidet der Hund und Herrchen/Frauchen steht mit Rinderkopfhaut wedelnd am Feldrand und die Fellnase ist fort.

Der Hund ist also gut trainiert, denn er kann zig verschiedene Kommandos ausführen. Problematisch ist das in mehreren Hinsichten, betrachten möchten wir zwei:

1. Man fördert teilweise welpenhaftes (d.h. bettelndes, unterwürfiges) Verhalten beim Hund, indem man Pföteln (Gib Pfötchen!) einfordert. Welpen machen das gegenüber der Mutter, den Geschwistern, älteren Tieren, um eine Verwahltensweise von ihnen zu erbetteln oder zu beschwichtigen (ei, ei, ich bin lieb). Abgesehen von der Pfotenpflege, die man nicht über Kommando trainieren muss, stellt sich also die Frage: Muss es sein, dass ich meinen Hund kleinhalte?

2. Ich lasse meinen Hund für ein Grundbedürfnis arbeiten. Nämlich für Futter. Als Mensch möchte man sich für ein Grundbedürfnis auch nicht verbiegen, man möchte sich sicher und versorgt fühlen. Durch die nicht nur zufällige Gabe (also das Gegenteil vom Russisch Roullete-Prinzip) von Leckerlies, sondern dadurch, dass die Hunde es häufig für die kleinste Handlung erhalten, ist es eher eine Bestechung. Kommt dann etwas daher, das spannender, aufregender, brenzliger ist, wirkt das Leckerlie häufig nicht mehr. Im schlimmsten Fall, bspw. wenn man beim Vorbeigehen an fremden Hunden auf Belohnung für Blick trainiert, kann es passieren, dass der Hund schnell die Belohnung runterschlingt und dann trotzdem zuhackt.

Was zeigt uns das?

Den Hunden - auch den antiautoritär geführten - fehlt es an einer klaren Grenzsetzung. Das heißt: „Tu das, lass das!“ Oder: „Ich entscheide, du nicht.“

Erarbeite ich mir die Mitarbeit meines Hundes über Ablenkung (Spielzeug, Futter), tue ich im Zweifelsfall eben nur das. Kommt es darauf an, dann wird um das Nein diskutiert, denn ich habe zuvor als Halter ganz viel Kompetenz (nämlich die Sicherstellung der Grundversorgung) an Bedingungen geknüpft. Es geht darum : Du bietest so ein popeliges Leckerli im Tausch für unsere Sicherheit? Das kannst du selber fressen, ich kümmere mich lieber um das schreiende Kind (die potenzielle Gefahr)! Der Hund kann in diesem Fall also auch in anderen Situationen nicht davon ausgehen, dass wir kompetent genug dazu sind Entscheidungen zu treffen. Das zeigt sich oft in „Huch, das hat er noch nie gemacht“ - Momenten, wenn plötzlich doch der Jogger gestellt oder angesprungen wird. Vorher wurde die klare Grenzsetzung - das heißt Erziehung - verpasst, in der wir unserem Hund zeigen: „Das ist dein Tanzbereich, hier darfst du auch mal etwas entscheiden, aber das alles ist mein Bereich und ich sage, ob wir uns dem Jogger nähern oder nicht.“ Der Hund lernt: Okay, das ist nicht meine Aufgabe, uns vor dem Jogger zu schützen. Wir gehen nicht zu dem Jogger und er auch nicht zu uns. Das setzt natürlich Konsequenz und Reaktionsvermögen von Seiten des Halters voraus. Bestenfalls rufe ich meinen Hund nicht erst zurück, wenn der Jogger sich auf zwei Meter genähert hat. Kommt der Hund, gibt es dafür keine Belohung. Warum auch? Dem Hund wurde gezeigt: „Da brauchst du nicht hin, du kommst zu mir, ich übernehme.“ Es braucht auch kein überschwängliches Lob. Es braucht eine versöhnliche, freundliche Körperhaltung. Ein kleines Danke, ein kleines Lächeln. Daraus lernt der Hund viel mehr: Als Halter hat man die potenzielle Gefahr erkannt, man hat interveniert und dem Hund die Last, die er gar nicht haben will - nämlich mal eben den Jogger abzuchecken - abgenommen.

Grenzsetzung lässt sich auf viele Bereiche übertragen: auf das heimische Sofa genauso wie auf das Begrüßen von Besuch an der Haustür. In Bildern denken hilft: „Was ist DEIN Bereich, welcher ist MEINER und nur MEINER? Und wo überschreitest Du - Hund - deine Kompetenzen, deine Entscheidungsfreiheiten?“ Beobachtet und reflektiert man das aufmerksam, dann wird man feststellen: Sehr oft. Da hilft auch kein Leckerlie-hinter-sich-werfen, denn daraus lernt der Hund nichts, er versteht nicht, was wir von ihm wollen. Es ist eine Ablenkung. Keine Erziehung. Signalisiere ich meinem Hund körpersprachlich (vorrangig!) und verbal: „Stopp, näher kommst du nicht!“, dann versteht er das, denn Hunde kommunizieren untereinander genauso (z.B. Knurren, Bellen, Blocken).

Wir sprechen der Konditionierung nicht ihre Wirksamkeit ab. Für einen Kreis aus Hunden mag sie lebenslang problemlos funktionieren. Dennoch gibt es genau dort keine Patentrezepte. Man kann nicht jedem Hund in der Hundeschule diese Verhaltensweisen auftrainieren und hoffen, dass es auch für jeden funktioniert. Dafür sind allein Rasse- und Persönlichkeitsmerkmale viel zu unterschiedlich.

Dies als erster Einstieg. Bei Fragen erklären wir gerne alles bei einem persönlichen Termin oder - falls euch der Artikel gefallen hat, lasst es uns wissen - im nächsten Blogeintrag.

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